Der Pei-Anbau des deutschen historischen Museum

Feng-Shui Treffen 18.10.2016 - Lesezeit ca. 5 Min.

Wer schon einmal I.M. Pei lauschte, als er seine eigene Architektur beschrieb, erkannte viele Beschreibungen aus der Begrifflichkeit des Feng Shui wieder. Das Wort "Feng-Shui" kam ihm dabei allerdings nie über die Lippen...

Hauptachse.jpg Feng Shui I.M.Pais DHM berlin

Der Abschluss unserer „Metall-Trilogie“

In den letzten Feng Shui Treffen haben wir uns mit dem Metall-Element beschäftigt und bringen diese "Metall-Reihe", die uns auf das Tempelhofer Feld und das jüdische Museum führte, mit dem I.M. Pais -Anbau des Deutschen Historischen Museums am 19.10. zum Abschluss.

Wo wir auf dem Tempelhofer Feld ein sehr weiträumiges Metall-Element erleben konnten, das kaum Grenzen setzte, erlebten wir beim jüdischen Museum ein Metall-Element, das kaum Raum zum Atmen ließ. Mit dem Besuch des DHM konnten wir wieder eine völlig andere "Metall-Qualität" wahrnehmen.

Das Deutsche Historische Museum (DHM) sollte ursprünglich im Spreebogen gebaut werden. Durch den Mauerfall wurde das Zeughaus, als letztes erhaltenes Funktionsgebäude des Barocks (erbaut 1695), als Sitz bestimmt. Mit der Wahl des Zeughauses verzichtete man auf eine erheblichen Teil der geplanten Ausstellungsfläche im Tausch mit der Lage in der historischen Mitte Berlins.

Hinter dem Zeughaus/DHM und dem alten Museum sollte auf einer Restfläche ein Neubau gesetzt werden, der als Ausstellungsfläche dienen sollte. Die Lage der Fläche ist äußerst kompliziert. Die Grundstücksform ist unregelmäßig, die unterschiedlichen Winkel des Grundstücks laufen im Grundriss aufeinander und haben das Potential Räume mit großen Spannungen zu erzeugen, wenn sie unvermittelt auf einander treffen. Auf Grund der geringen Größe des Grundstücks ist darüber hinaus kein übermäßiges Zurückweichen und Vermitteln des Baukörpers in Richtung Stadtraum möglich.

Die Fläche ist auf allen Seiten von Altbauten aus unterschiedlichen Epochen umgeben, die Fassade des Gebäudes muss diese Einflüsse aufnehmen und darauf antworten. Es handelte sich bei diesem Auftrag also um eine unglaubliche architektonische Herausforderung, die Ieoh Ming Pei bravourös löste.

Zeichung.jpg Feng Shui I.M.Pais DHM berlin

Beim Umlaufen des Objekts fällt auf, dass das Gebäude aus der Sichtachse vom Alten Museum her eigentlich kaum auffällt und sich durch die gewählte Materialität der Fassade (französischer Kalksandstein) nahtlos in das Umfeld eingliedert. Die Gebäudeseite zum Gießhaus nimmt sich eher etwas zurück, ohne langweilig zu wirken, die die dreieckige Rücksetzung der Terasse im Obergeschoss korrespondiert mit der Rücksetzung des Eingangs und dem Erker.

Giesshaus.jpg Feng Shui I.M.Pais DHM berlin

Erst wenn man sich dem Anbau von der neuen Wache her annähert, erkennt man schrittweise das „Gesicht“ des Gebäudes. So entsteht ein klares „Vorne“ und „Hinten“, was sehr wichtig für die Orientierungsfähigkeit ist, in der Terminologie des Feng Shui sprechen wir von den „4 Tieren“. Auch das Anfangs zurückhaltende Gebäude, das langsam den Blick auf seine Hauptattraktion, die gläserne Gebäudefassade mit der Rundtreppe, freigibt, ist typisch für eine gelungene Feng Shui Planung. Sie fällt auf ohne sich in den Vordergrund zu drängen oder obszön zu wirken. Auf einmal erhält man den Einblick auf die Glasseite und bleibt unwillkürlich stehen um das wunderbare Bild zu genießen, dass sich hier eröffnet.

Selbst die Sichtachse vom Palais her, die den Berliner Dom und den Fernsehturm in den Hintergrund stellt, funktioniert. Die Fassade wahrt genau die richtige Balance. Sie tritt hervor ohne sich in den Vordergrund zu stellen oder die anderen Gebäude übertrumpfen zu wollen.

Eingliederung.jpg Feng Shui I.M.Pais DHM berlin

Der Baukörper selbst findet aus Feng Shui Sicht eine ausgewogene Antwort auf die Verbindung zwischen Innen und Außen. Er öffnet sich einerseits einladend in den Stadtraum und fordert zum Betreten auf, ganz im Duktus von Mies Van der Rohes Neuen Nationalgalerie, andererseits platziert er die Ausstellungsflächen in vollständig abgeschlossene Bereiche, die den konservatorischen Anforderungen entsprechen. Im Wechsel der Sichtachsen und unterschiedlichen Bildern ist das Gebäude von den Gestaltungskriterien her nur mit einem chinesischen Garten vergleichbar. Öffnen und Schließen der Sichtachsen, Wechsel der Perspektiven durch die Wegeführung, Fluß und Sammlung des Qi, interne und externe Sichtachsen wechseln sich in meisterhafter Komposition mit einander ab und spielen miteinander. Sogar ein Mondtor(!) ist vorhanden. Dies ist nichts anderes als die perfekte Umsetzung von Feng-Shui Methoden: jeder Feng Shui Berater kann sich hier eine Scheibe abschneiden.

Aus Sicht der 5 Elemente, einer der zentralen Methoden des Feng-Shui, kann man hier durch die große Klarheit und wohldefinierten Räume auch wieder einen Schwerpunkt im Metall-Element wahrnehmen. Aber ein wesentlich wärmeres und angenehmer Metall als zum Beispiel im jüdischen Museum: dort gleitet es schon fast ins Wasser ab.

Obwohl der Pais Anbau eine klare Sprache hat, spielt er doch mit den Formen, konjugiert und dekliniert die einzelnen Formen durch, lehnt sich verspielt an die Formsache des Bauhaus und des Post-Modernismus der 90er Jahre an, ohne dogmatisch zu werden. Pais behält an allen Stellen eine Leichtigkeit, Verspieltheit, die das Gebäude unglaublich angenehm macht. An jeder Stelle gibt es etwas zu entdecken, gibt es eine Überraschung wenn man sich umdreht und die Sichtachse wechselt; die große Glastreppe steht sogar ganz für sich alleine als künstlerische Ausdruck, ohne dabei aus dem Kontext zu fallen oder sich hervorzutun. Pais Architektur ist vor allem eins: Ein Maßstab für gutes Feng Shui und: ganz großes Kino.

In diesem Sinne erspare ich mir jede weitere Beschreibung. Genießt!

Das Feng Shui Center Berlin organisiert in 14-tägigen Abständen ein Feng-Shui-Treffen an wechselnden Orten in Berlin. Es richtet sich an alle Menschen, die sich für Selbsterkenntnis und ihren Lebensraum interessieren. Weitere Informationen finden Sie unter: feng-shui-center-berlin.de/feng-shui-treffen.html